Entwicklung eines Konzeptes zum nachhaltigen Insektenschutz im RBK

An den
Landrat des Rheinisch Bergischen Kreises
Herrn Stephan Santelmann
Am Rübezahlwald 7

51469 Bergisch Gladbach

03. Dezember 2019

TOP Haushalt im Kreisausschuss am 5.12.2019 und im Kreistag am 12.12.2019
Hier Ergänzungsantrag: Entwicklung eines Konzeptes zum nachhaltigen Insektenschutz im RBK

Sehr geehrter Herr Santelmann,

Mehrere internationale Forschungsergebnisse (u.a. Radboud University in Nijmegen oder das Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung in Halle) kommen zu dem Ergebnis, dass ein deutlicher Insektenschwund zu verzeichnen ist und dieser zu erheblich negativen Effekten führen kann. Für viele Akteure in der Politik gibt es nur einen Schuldigen, die Landwirtschaft. Die Freien Wähler RBK wehren sich gegen die einseitige Betrachtung der Landwirtschaft und unterstützen die aktuellen Bauernproteste. Die Ursachen für den Artenschwund sind vielfältig und reichen vom Klimawandel bis hin zum Lebensraumverlust. Die Freien Wähler RBK sind für den Artenschutz – Artenschutz ist aber nur mit den Landwirten möglich. In Deutschland leben etwa 100 verschiedene Säugetier-, aber 33.000 Insektenarten, etwa 9400 Hautflügler, also Wespen, Bienen, Ameisen und Hornissen, 9500 Zweiflügler, also Fliegen und Mücken, 6500 Käfer- und etwa 3600 Schmetterlingsarten, wobei die „seltenen Arten“ in ihrer Bedeutung für die Naturkreisläufe noch gar nicht umfassend erforscht sind. Langjährige Untersuchungen konnten erhebliche Rückgänge um bis zu 87% nachweisen.

Die Freien Wähler beantragen die Entwicklung eines Konzeptes zum nachhaltigen Insektenschutz im RBK unter Berücksichtigung der folgenden Fragestellungen:

  1. Ist es möglich und sinnvoll, gemeinsam mit der Biologischen Station, den betreffenden Fachämtern, dem Wupperverband, der Landwirtschaft, etc, einen Handlungsplan (u.a. Blühpflanzen auf geeigneten kreiseigenen Flächen, Neuanlage von Obststreuwiesen, Veränderung der Mähzeitpunkte bei Straßenrandstreifen usw.) auszuarbeiten, der geeignet ist, die Insektenvielfalt zu fördern und somit dem dramatischen Insektensterben entgegen zu wirken? Verfügt der Kreis über die dafür notwendigen Flächen?
  2. Die betroffenen Insekten haben meist zwei Lebensphasen: Die Larve lebt im Boden oder im Totholz, das erwachsene Insekt besucht Blüten. Verfügt der Kreis über Flächen, die langfristig für die erste Lebensphase „reserviert“ werden können? Totholz zählt zu den lebendigsten Lebensräumen unserer Natur!
  3. Für die langfristige Sicherung des Handlungsplans ist es erforderlich, dass die geeigneten Flächen langfristig von der Ausbreitung von Büschen und anderen „ungeeigneten“ Gewächsen freigehalten wird. Verfügt die Verwaltung über die personellen Ressourcen dafür?
  4. Ist es möglich, so ein Konzept über § 15 Bundesnaturschutzgesetz als Ausgleichsmaßnahmen zu finanzieren und gibt es weitere Fördermöglichkeiten?
  5. Kann die Verwaltung unsere Städte und Gemeinden im RBK für so ein Konzept begeistern und sie über die o. g. Planungen und vorgesehenen Maßnahmen in den entsprechenden Fachämtern informieren und einladen, sich auf ihren Flächen in eigener Zuständigkeit bzw. im Rahmen eines interkommunal abgestimmten Konzeptes ebenfalls im Sinne der biologischen Vielfalt mit regionaltypischen Blühflächen u.dgl. zu beteiligen?
  6. Ob Bäume und Sträucher sowie Wiesen oder der Anbau ausgewählter Gehölze und Blühpflanzen: Sie alle verlängerten das Nahrungsangebot von Insekten. Eine ergänzende Öffentlichkeitsarbeit sollte für die Anliegen des Insektenschutzes und der Artenvielfalt sensibilisieren, damit auch im privaten Garten Nistkästen, Insektenhotels, etc. aufgestellt werden. Verfügt die Verwaltung über das Personal, um eine solche Öffentlichkeitsarbeit zu leisten?

Begründung:

Die Insekten insgesamt, insbesondere Wildbiene und Schwebfliege, haben z.B. für die Bestäubung von Obstbäumen und Gemüsepflanzen eine relevante Bedeutung im Ökosystem: Zwei Drittel aller Nahrungspflanzen sind auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen. Insofern kommt dem Erhalt von Artenvielfalt, dem Naturschutz und die in diesem Zusammenhang der unterstützenden Nutzung von adäquaten Wiesenflächen eine große Bedeutung zu. Neben den Flächen von interessierten Privatleuten und der Landwirtschaft sollten auch die im öffentlichen Besitz befindlichen Grundstücke, sofern sie dazu geeignet sind, als Lebensraum für entsprechende Wildpflanzen und Insekten zu dienen, genutzt werden.

Die entsprechenden Fachämter des Kreises und die Biologische Station Rhein – Berg sollen deshalb Vorschläge unterbreiten, auf welchen Flächen und mit welchen Maßnahmen hier geeignete Lebensräume für Insekten gesichert und geschaffen werden können. Wir erwarten, dass bei Ausarbeitung eines solchen Handlungsplans die verschiedenen Akteure von Umwelt- und Naturschutz und insbesondere die Landwirtschaft mit einbezogen werden. Die Freien Wähler stellen sich gegen jegliche Aktionen, die unserer Landwirtschaft die Existenzgrundlage nehmen wollen. „Unsere Landwirte wenden auch heute schon Pflanzenschutzmittel nur nach guter fachlicher Praxis mit dem Grundsatz, soviel wie nötig – so wenig wie möglich an“.

Die Freien Wähler beantragen eine Prüfung der Realisierungsmöglichkeit des nachhaltigen Insektenschutzes im RBK und Erarbeitung eines Konzeptes. Für eventuelle externe Kosten einer solchen Prüfung bitten wir vorsorglich 20.000 EUR in den Haushalt einzustellen.

Mit freundlichen Grüßen

gez. Jan Paas, Sachkundiger Bürger im ZA

gez. Werner Conrad, Gruppensprecher