Haushaltsrede 2017
Rede des Sprechers der Gruppe der Freien Wähler im Kreistag des RBK, Werner Conrad, anlässlich der Verabschiedung des Kreishaushaltes am 8. Dezember 2016 (es gilt das gesprochene Wort)
Ausfertigung zur Veröffentlichung
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Damen und Herren,
bei der Vorbereitung der Rede war mir aufgefallen, dass es heute die fünfte Haushaltsrede ist, die ich im Kreistag halte. Ob es die letzte ist oder es noch weitere geben wird, verrate ich Ihnen aber erst am Schluss meiner Rede.
Im letzten Jahr war die Flüchtlingssituation und den damit verbundenen finanziellen Herausforderungen das beherrschende Thema bei der Haushaltsverabschiedung. Jetzt sind wir wieder im Alltag angekommen und müssen feststellen, dass sich eigentlich an der finanziellen Ausgangssituation der letzten Jahre – nämlich der unzureichenden Finanzierung des ländlichen Raums – nicht wirklich etwas nachhaltig geändert hat. Den kreisangehörigen Kommunen geht es weiterhin finanziell schlecht, obwohl es an der einen oder anderen Stelle sicherlich Verbesserungen gibt.
Herr Dr. Tebroke und Herr Eckl haben in Ihren Reden anlässlich der Einbringung des Haushaltes diesbezüglich schon die wesentlichen Daten und Fakten genannt. Treffender hätte man die Situation nicht beschreiben können. Auf eine weitere Detaillierung oder Wiederholung kann ich deshalb verzichten.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zunächst auf ein paar wesentliche Rahmenbedingungen der kommunalen Haushalte und dann auf den Haushalt selbst eingehen. Auf die vorliegenden Anträge gehe ich später noch ein.
Jedes Jahr werden von Bund und Land neue Förderprogramme für die Kommunen aufgelegt. Stellvertretend möchte ich nur das Kommunalinvestitionsförderungsgesetz des Bundes und das Programm der Landesregierung NRW „Gute Schule 2020“ nennen. Diese Programme sind sicherlich hilfreich. Trotzdem ist es den Kommunen nicht möglich, strukturell ausgeglichene Haushalte zu erreichen.
Im nächsten Jahr sind Bundestags- und Landtagswahlen. Unabhängig vom Wahlausgang richten wir den Appell an die in beiden Parlamenten vertretenen Parteien, die ja auch alle hier im Kreistag vertreten sind – egal, ob zukünftig in der Regierungsverantwortung oder in der Opposition – sich ab 2017 verstärkt für eine ausreichende Finanzierung der Kommunen einzusetzen, die diese jenseits von Förderprogrammen in die Lage versetzen, ihrer Aufgabe im Sinne einer kommunalen Selbstverwaltung eigenständig nachzukommen. Denn diese ist durch die nicht auskömmliche Finanzierung sowie durch die verwendungsbezogenen Förderprogramme nur eingeschränkt möglich.
Insbesondere fordern wir die künftige Regierung von NRW auf, dass die derzeitige Benachteiligung des kreisangehörigen Raums durch das Gemeindefinanzierungsgesetz im kommenden Jahr nachhaltig beseitigt wird.
Meine Damen und Herren,
nun komme ich konkret zum Haushalt. Die Kämmerei hat uns mal wieder einen exzellent aufgestellten Haushalt vorgelegt, der nur wenig Anlass zu Rückfragen oder Kritik gibt. Wir konnten keine Ansätze für wesentliche Änderungen und Verbesserungen entdecken. Unsere Fragen zum Haushalt wurden in bewährter Qualität von Herrn Eckl auf der Klausurtagung beantwortet. An dieser Stelle gilt unser Dank insbesondere Herrn Eckl und seinen Mitarbeiter, aber auch allen anderen Mitarbeitern der Kreisverwaltung.
Mit einem solchen soliden Haushalt kann der Rheinisch Bergische Kreis optimistisch in die Zukunft schauen, die erfolgreiche Arbeit der letzten Jahre zur Weiterentwicklung des Kreises fortsetzen und sich den kommenden Herausforderungen wie Breitbandinitiative, Metropolregion Rheinland, Bewerbung Regionale 2022/2025 und Mobilitätskonzept widmen, um nur einige Schwerpunktthemen zu nennen.
Auch in 2017 leistet der Rheinisch Bergische Kreis wieder einen wesentlichen Beitrag zur Entlastung der Kommunen. Durch die Senkung der Kreisumlage von 40,37 auf 38,95% verbleiben rd. 3 Mio. EUR in den Kommunen. Zusätzlich erhalten die Kommunen in 2017 einen einmaligen Zuschuss von rd. 2,8 Mio. EUR, um u.a. den Eigenanteil für die Mittel aus dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz zu finanzieren. Für die Jahre 2012 bis 2017 hat der Kreis stetig die Kreisumlage von 44,60 auf 40,37 % gesenkt und damit die Kommunen entlastet. Ich möchte die Entlastung einmal an dem folgenden sicherlich plakativen Beispiel verdeutlichen. Hätten wir die Kreisumlage von 44,60 % auch für 2017 beibehalten, würde die Kreisumlage rund 20 Mio. höher ausfallen. Tatsächlich hat der Kreis aber die Kommunen in den letzten fünf Jahren kumuliert um mehr als 22 Mio. EUR entlastet. Ist das denn nichts?
Vor diesem Hintergrund klingt die Forderung der Kämmerer und Bürgermeister der kreisangehörigen Kommunen nach noch mehr Entlastung schon sehr abstrus. Und wenn man morgens die Zeitung aufschlägt und liest, welche Projekte sich die Kommunen trotz eigentlich leerer Kassen gönnen wollen, wird die Forderung noch abstruser. Ich habe es schon mal in einer Haushaltsrede zum Ausdruck gebracht. Die Forderung der Kämmerer und Bürgermeister erinnert mich immer wieder sehr stark an die Geschichte der „kleinen Raupe nimmersatt“.
In diesem Zusammenhang begrüßen wir ausdrücklich die Ankündigung von Herrn Dr. Tebroke, dass im nächsten Jahr ein Programm zur Struktur- und Prozessanalyse gestartet werden soll, wodurch nicht nur Kosten reduziert und der Personaleinsatz effizienter gestaltet, sondern auch die Raumnutzung des Kreishauses optimiert werden sollen. Neben der Optimierung der Verwaltungsprozesse durch organisatorische Veränderungen gilt es aber auch im Rahmen der fortschreitenden Digitalisierung eine zukunftsorientierte Arbeitszeit- bzw. Arbeitsplatzgestaltung zu schaffen. Dabei ist die Thematik E-Government unbedingt mit einzubeziehen. Neben den vielen Vorteilen für die Bürgerinnen und Bürger sehen wir auch hier die Möglichkeit der Optimierung der Verwaltungsprozesse.
Auch die von der Verwaltung angestrebte Intensivierung der interkommunalen Kooperationen findet unsere Zustimmung. Als Freie Wähler fordern wir, dass Kreis und Kommunen nicht nur zu einem Solidar- und Finanzverbund zusammenwachsen, sondern auch zu einem Leistungsverbund. Hier sind mit Sicherheit noch viele Synergien zu erzielen, die auch zu einer Kostenreduzierung führen und damit zu einer finanziellen Entlastung der kommunalen Haushalte Kommunen beitragen werden.
Bezüglich der Struktur- und Prozessanalyse sowie der interkommunaler Zusammen-arbeit sollten sich die Kommunen vielleicht einmal mehr am Kreis orientieren.
Meine Damen und Herren,
nach meinen generellen Ausführungen zum Haushalt möchte ich kurz einige Anmerkungen zu den vorliegenden Anträgen machen
Anträge der caritativen und sozialen Einrichtungen
Auch in diesem Jahr liegt wieder eine Reihe von Anträgen von caritativen und sozialen Einrichtungen vor. Die Fortführung der bisherigen Maßnahmen halten wir sinnvoll und zielführend. Den Anträgen stimmen wir analog dem Vorjahr in vollem Umfang zu. Dies gilt auch für die neu beantragten Maßnahmen. Dies auch vor dem Hintergrund das die insgesamt beantragte Gesamtsumme mit rd. 216.000 EUR gerade mal 0,7 Promille des gesamten Haushaltes ausmacht. Die Steigerung gegenüber 2016 beträgt lediglich ca. 48.000 EUR. Unabhängig von der Summe halten wir es aber auch für absolut erforderlich, dass diese Zielgruppe wieder eine verstärkte Förderung erfährt. In den beiden letzten Jahren lag die Priorität der Förderungen ja bekanntlich bei anderen Zielgruppen.
Anträge des Kreissportbundes
Der Antrag des Kreissportbundes zur Förderung von Rheinisch Bergischen Sportvereinen bei der Umsetzung des Projektes „Sport für Flüchtlinge“ wird von uns auch in diesem Jahr wieder befürwortet. Wir sehen hier aufgrund der hohen Zahl asylsuchender Menschen weiterhin eine große Chance für eine frühzeitige und dauerhafte Integration.
Bei der Umsetzung des Handlungskonzeptes „Von der Willkommenskultur zur Integration“ haben wir uns ehrlich gesagt schwer getan, weil uns nicht klar geworden ist, warum der Kreissportbund die Aufgabe nicht mit der halben Fachkraftstelle ausüben kann, die durch den Landessportbund aus Mitteln des Landes NRW bezuschusst wird. Dies insbesondere auch vor dem Hintergrund, der strengen Maßstäbe, die wir beim Mehrpersonal der Kreisverwaltung anhalten. Aber auch hier haben wir uns letztendlich aus sozialen Gründen entschieden, dem Antrag zugunsten der Sportvereine zuzustimmen.
Anträge der Fraktionen
Von den Fraktionen wurde ebenfalls eine Reihe von Anträgen eingereicht. Auch diesen Anträgen werden wir zustimmen bzw. diese nicht ablehnen, da wir diese ebenfalls für sinnvoll und zielführend erachten. Dies auch hier vor dem Hintergrund, dass die beantragte Gesamtsumme der Mehrkosten von rd. 170.000 EUR gerade mal 0,5 Promille des Haushaltes entspricht. Auch wenn dabei der Antrag der SPD zur Erhöhung des Ansatzes für konsumtive Baumaßnahmen zur Instandsetzung bestehender Fahrradwege mit 100.000 EUR den dicksten Brocken darstellt, befürworten wir auch diesen Antrag. Sofern erforderlich, werden wir bei der Abstimmung der Anträge noch weiter darauf eingehen.
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich zum Abschluss noch kurz auf unsere eigenen Anträge eingehen.
Prüfung der Möglichkeiten zur Einführung einer kommunalen Familien- App
Apps sind heute aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Vor diesem Hintergrund halten wir auch die Einführung einer innovativen kommunalen Familien-App für sinnvoll und zielführend. Mit einer solchen App würden wir jungen Müttern und Vätern die Möglichkeit bieten, sich zeitnah und regelmäßig über notwendige Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und Kindesbetreuung etc. in den jeweiligen Entwicklungsphasen des Kindes in modernster Art und Weise zu informieren. Eine solche App wäre sicherlich auch eine wertvolle Ergänzung der klassischen Beratung und könnte auch zur Entlastung der Verwaltung beitragen.
Neubeschaffung von PKW des Rheinisch Bergischen Kreises ausschließlich als reine E-Fahrzeuge
Wir sind der Auffassung, dass dem Umweltgedanken nicht nur durch ein verbessertes ÖPNV-Angebot und optimierte Verkehrskonzepte Rechnung getragen werden sollte, sondern ergänzend dazu sollten auch umweltfreundliche Fahrzeuge zum Einsatz kommen und nach Möglichkeit die Versorgung dieser Fahrzeuge mit eigenem Ökostrom erfolgen sollte. Auch hier sehen wir den Rheinisch Bergischen Kreis in der Vorbild- und Vorreiterrolle. Letztendlich würden wir auch dem eigenen Klimaschutzkonzept des RBK Rechnung tragen.
Wir haben diesen Antrag bewusst so ausschließlich formuliert, um Bewegung in die Thematik zu bringen. Die Diskussion im Vorfeld zu diesem Antrag zeigt, dass wir das erreicht haben. Allerdings sind wir so praktisch orientiert, dass wir uns auch eine Umsetzung ohne die geforderte Ausschließlichkeit vorstellen können. Ganz nach dem Motto, der Weg ist das Ziel. Deshalb haben wir den Beschlussvorschlag entsprechend abgeändert. Der Vorschlag liegt Ihren Fraktionen ja vor. Ich gehe im Rahmen der Abstimmung nochmal darauf ein.
Wir würden uns freuen, wenn der Antrag unter Berücksichtigung dieses geänderten Beschlussvorschlages Ihre Zustimmung findet.
Wir würden uns freuen, wenn Sie unsere Anträge ebenso befürworten, wie wir Ihre Anträge befürworten.
Meine Damen und Herren,
nun komme ich zum Wichtigsten. Die Gruppe der FREIEN WÄHLER ist mit dem vorgelegten Haushaltsentwurf einverstanden. Wir stimmen deshalb dem Haushalt und auch dem Stellenplan für 2017 zu. Letzterem aufgrund der hohen Stellenmehrung in 2015 und 2016 mit Bauchschmerzen. Hier setzen wir aber sehr stark auf die von Herrn Dr. Tebroke angekündigte Struktur- und Prozessanalyse. Die Zustimmung zum Stellenplan betrachten wir als Vertrauensvorschuss für die Zukunft.
Gestatten Sie mir noch einen kurzen Ausblick in die Zukunft. Es wird ja der letzte Haushalt gewesen sein, der unter der Federführung von Herrn Dr. Tebroke in den Kreistag eingebracht wurde. Sein möglicher Wechsel nach Berlin wäre sicherlich gut für Berlin, aber definitiv nicht so gut für den Rheinisch Bergischen Kreis. Auf jeden Fall wünschen wir Herrn Dr. Tebroke in den nächsten Wochen und Monaten viel Erfolg für seine Kandidatur.
Zum guten Schluss habe ich noch eine schlechte Nachricht für Sie. Im nächsten Jahr steht der Wechsel des Gruppensprechers an. Die Gruppe hat sich entschieden keinen Wechsel vorzunehmen und mich gebeten, die Aufgabe weiter wahrzunehmen. Das bedeutet, dass Sie weiter mit mir vorlieb nehmen müssen.
Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Damen und Herren,
die Freien Wähler wünschen Ihnen und Ihren Angehörigen frohe Festtage und ein gutes neues Jahr 2017.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Werner Conrad
Sprecher der Gruppe der Freien Wähler
im Kreistag des Rheinisch Bergischen Kreises