Anlässlich der Verabschiedung des Kreishaushaltes 2021 am 18. März 2021 (es gilt das gesprochene Wort)

Sehr geehrter Herr Landrat,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
sehr geehrte Damen und Herren,

ich freue mich, dass ich heute wieder als Fraktionsvorsitzender und nicht mehr als Gruppensprecher zu Ihnen spreche. Für die Wiedererreichung des Fraktionsstatus haben wir hart gekämpft und viel investiert, aber der Erfolg gibt uns recht. Besonders erfreut sind wir aber auch darüber, dass die FREIEN WÄHLER jetzt auch im Landtag von Rheinland-Pfalz vertreten sind.

Lassen Sie mich nun zunächst auf ein paar wesentliche Rahmenbedingungen zu den kommunalen Haushalten und dann auf den Haushalt selbst sowie den Stellenplan eingehen. Wir müssen auch in diesem Jahr wieder feststellen, dass sich eigentlich an der generellen finanziellen Ausgangssituation der letzten Jahre – nämlich der unzureichenden Finanzierung des ländlichen Raums – nicht wirklich etwas nachhaltig geändert hat. Den kreisangehörigen Kommunen geht es weiterhin finanziell nicht gut, obwohl es an der einen oder anderen Stelle Verbesserungen gibt. Trotzdem ist es den Kommunen in vielen Fällen nur sehr schwer möglich, strukturell ausgeglichene Haushalte zu erreichen. Dies gilt auch für den Rheinisch- Bergischen Kreis, wie Herr Eckl in seinem Vortrag zur Einbringung des Haushaltes wieder deutlich gemacht hat. Bund und Land sollten die Kommunen dauerhaft ausreichend finanzieren, statt laufend neue Förderprogramme mit hohen bürokratischen Hürden aufzulegen.

Wo wir gerade bei Land und Bund sind. Für die Corona-Pandemie als solche kann keiner verantwortlich gemacht werden. Aber das, was von Land und Bund bezüglich Impfstrategie, Teststrategie, Maskenbeschaffungsstrategie und Schulpolitik abgeliefert wird, ist wenig erfreulich. Auch die bürokratischen Vorschriften sind der helle Wahnsinn. Die aktuelle Entwicklung bezüglich der Impfspritzen ist da schon Highlight. Die Vergabe der Impftermine durch die KV ist wieder ein Tiefpunkt. Die Leidtragenden am Ende der Kette sind wieder die Kreise und Kommunen, die dann zusätzlich noch auf den Kosten sitzen bleiben sollen und großzügig die Möglichkeit erhalten, die Kosten über 50 Jahre abzuschreiben. Wenn die Lufthansa zum Beispiel ein Unterstützungspaket von ca. 9 Milliarden EUR erhält, erwarten wir gleichermaßen, dass Bund und Land die Corona-bedingten Kosten der Kommunen übernehmen. Damit wären viele Diskussionen bezüglich der Erhöhung der Kreisumlage vermeidbar gewesen. Auch für die Zukunft.

An dieser Stelle ein großes Dankeschön unserer Fraktion an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung, die trotz dieser Missstände sehr gute Arbeit insbesondere im Lagezentrum und im Krisenstab leisten. Insbesondere gilt unser Dank Herrn Dr. Werdel als Leiter des Krisenstabes.

Weit im Vorfeld der Haushaltseinbringung Mitte Januar hatte sich unsere Fraktion bereits mit einem Fragenkatalog kritisch zu der geplanten Erhöhung der Kreisumlage geäußert. Eine endgültige Entscheidung wurde bewusst nicht getroffen, da die Haushaltseinbringung noch ausstand.  Mit dem gemeinsamen Antrag von SPD, FDP und Freien Wählern haben wir uns im nächsten Schritt klar gegen die Erhöhung ausgesprochen. Anfang März kam dann erfreulicherweise auch ein entsprechender Antrag von CDU und Bündnis90/Die Grünen. Damit haben sich alle im Kreistag vertretenen Fraktionen gegen die Erhöhung der Kreisumlage ausgesprochen. Wenn auch mit unterschiedlichen Begründungen. Das begrüßen wir.

In der letzten Sitzung des Kreisausschusses hatte der Bürgermeister von Bergisch Gladbach, Frank Stein, die Gelegenheit, stellvertretend für alle Bürgermeisterinnen und Bürgermeister des Kreises öffentlich Stellung zum Haushaltsentwurf zu nehmen. Ob die geäußerte Kritik angemessen, richtig oder falsch war, möchte ich hier gar nicht tiefer diskutieren. Was ich allerdings anmerken möchte ist, dass wir uns als Politik schon ein größeres Dankeschön hätten vorstellen können, dass wir uns gemeinsam gegen die Erhöhung der Kreisumlage ausgesprochen haben. Wir haben keine Standing Ovations erwartet, aber es nur in einem Satz abzutun, ist schon eher dürftig. Herr Stein hat als neuer BM sehr schnell die Mentalität der Kommunen übernommen, man nimmt gerne, aber Dank ist nicht erforderlich, da man geben anderer als selbstverständlich erachtet.

Meine Damen und Herren, nun komme ich konkret zum Haushalt. Ich gehe bewusst nicht auf die Zahlen ein, da diese hinlänglich bekannt sind. Ich bin seit 2009 im Kreistag, aber in dieser Zeit habe ich bisher keine solche schwierigen Begleitumstände für eine Haushaltseinbringung erfahren. Corona stellt alles in den Schatten. Vor diesem Hintergrund hätten wir uns im Vorfeld der offiziellen Einbringung schon eine offene Diskussion mit der Politik gewünscht. Dann hätten wir uns sicherlich viele Diskussionen und Anträge ersparen können, denn die Ablehnung der Erhöhung der Kreisumlage war absehbar. Das Positive war, dass wir uns noch intensiver mit dem Haushalt beschäftigt haben. Das gilt insbesondere für die Thematik Verrechnung der Corona-bedingten Kosten mit den Kosten der Unterkunft sowie die Nichtnutzung der von der Landesregierung NRW gebotenen Möglichkeit, die Corona-bedingten Kosten über 50 Jahre abzuschreiben, um dadurch eine deutlich geringere Belastung der Kommunen zu erreichen.

Derzeit sind endgültigen Modalitäten des Gesetzes bezüglich der Handhabung der Corona-bedingten Kosten noch nicht klar geregelt. Eine Übernahme der Kosten durch Bund und Land ist nach Aussage des Kreiskämmerers durchaus noch möglich. Weiterhin ist die endgültige Entscheidung für die Möglichkeit der Nutzung des NKF-COVID19 erst Ende 2024 erforderlich. Bis dahin ergeben sich eventuell andere Möglichkeiten für die Kostenverrechnung. Sollten Bund und Land es ablehnen, die Corona bedingten Kosten der Kreise und Kommunen zu übernehmen, haben wir dann immer noch ausreichend Gelegenheit zu diskutieren, ob wir die Lasten auf die spätere Generation übertragen sollen. Insofern wäre es kontraproduktiv, die Kommunen jetzt schon mit den Kosten zu belasten.

Um den Haushalt in den nächsten Jahren weiter zu entlasten, haben wir gemeinsam mit SPD und FDP die Fortführung des Strategischen Aufgabenmanagements (SAM) beantragt, um weitere Effizienzsteigerungspotenziale zu heben und zukünftig den globalen Minderaufwand konsequent weiter zu steigern. Im Fokus muss hierbei eine weitere Optimierung der verwaltungsinternen Prozesse stehen. Aus unserer Sicht ist SAM das modernere Managementinstrument als die von CDU und Bündnis90/Die Grünen beantragte strategische Produkt- und Aufgabenanalyse.

Weiterhin haben wir gemeinsam mit SPD und FDP die Erstellung und Umsetzung eines innovativen und zukunftsorientierten Arbeitsplatz- und Raumkonzeptes für den Standort Heidkamp gefordert,  mit dem Ziel unter Berücksichtigung der Potentiale der weiteren Digitalisierung, von Home-Office und des mobilen Arbeitens alle dezentralen eigenen oder angemieteten Standorte bis spätestens 2024 aufzulösen und die Mietverhältnisse zu beenden oder – in Abstimmung mit dem Vermieter – an Dritte weiter zu vermieten. Damit wollen wir mit Sicherheit die Mitarbeiter nicht ins Homeoffice zwingen.

Darüber hinaus sind wir der Auffassung, dass wir in diesem Jahr zwecks Kostensenkung auch über eine Effizienzsteigerung beim ÖPNV und bei den diversen Mobilitätskonzepten nachdenken müssen. Wir stellen in Frage, ob wirklich jede letzte Meile dauerhaft mit ÖPNV erschlossen werden muss. Dabei setzen wir auch auf zukunftsorientierte Systeme wie „Bus-On-Demand“! All das soll ein Beitrag zu einem besseren strukturellen Ausgleich des Kreishaushaltes sein.

Die Kämmerei hat uns im zweiten Ansatz einen gut aufgestellten Haushalt vorgelegt. Trotz Nichterhöhung der Kreisumlage und Anwendung des NKF-COVID19. An dieser Stelle gilt unser Dank wie immer insbesondere Herrn Eckl und seinen Mitarbeitern, aber auch allen anderen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung.

Kommen wir nun zum Wichtigsten. Unsere Fraktion wird dem Haushalt wegen der Nichterhöhung der Kreisumlage zustimmen. Auch wenn unser gemeinsam mit SPD und FDP eingebrachter Haushaltsbegleitbeschluss abgelehnt werden sollte, was wir sehr bedauern würden, da wir von der Notwendigkeit der beantragten Maßnahmen absolut überzeugt sind. Aber wir werden uns nicht gegen die Kommunen entscheiden, da diese massiv durch Steuerausfälle, die auch nicht alle durch das Land NRW ausgeglichen werden und durch die Corona-bedingte Zusatzkosten benachteiligt werden.

Auch dem Stellenplan werden wir – wenn auch wieder mit Bauchschmerzen – Corona-bedingt zu stimmen. Dies insbesondere als Signal der Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreisverwaltung. Im laufenden Jahr werden wir unterjährig das Thema Stellenplan vor der nächsten Haushaltseinbringung thematisieren. In dem Zusammenhang wünschen wir uns auch mehr Transparenz hinsichtlich des Personaleinsatzes des Kreises bei den verschiedenen Projekten z. B. der Regionale 2025. Trotz der Fördergelder verbleibt ja beim Kreis ein nicht unerheblichen Kostenanteil. Wir erwarten, dass hier in Zukunft nähere Informationen erfolgen, die selbstverständlich auch dazu dienen können, den Projekten leichter zuzustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Bleiben Sie gesund.

Das war die erste Rede mit Maske und hoffentlich auch die letzte.

Werner Conrad, Fraktionsvorsitzender